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Meldepflicht der Laborverantwortlichen nach §44 Abs. 4a LFGB

Dem Bundesverwaltungsgericht lag die streitige Frage vor, ob den Verantwortlichen eines Labors gemäß § 44 Abs. 4a LFGB eine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Behörde in Fall von sogenannten „Freigabeuntersuchungen“ trifft.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin – eine bundesweite Laborbetreiberin – im April 2016 für die Auftraggeberin eine mikrobiologische Untersuchung des Produkts „... Mandelkerne“ durchgeführt, die einen positiven Nachweis auf Salmonellen ergab. Die Klägerin informierte hiervon die Auftraggeberin, die mitteilte, dass das untersuchte Produkt nicht als Lebensmittel in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sei. Daraufhin entschied ein Mitarbeiter der Klägerin, den Fall nicht gemäß § 44 Abs. 4a LFGB der zuständigen Behörde zu melden. Diese sah nach Kenntniserlangung des Falls die Meldepflicht des Labors aus § 44 Abs. 4a LFGB verletzt und verhängte ein Bußgeld gegen den zuständigen Labormitarbeiter.

Mit Urteil vom 14. Dezember 2023 entschied der zuständige 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Laborverantwortlicher im Sinne von § 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB Grund zu der Annahme hat, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, wenn sich aus dem Ergebnis der von dem Labor durchgeführten Analyse und gegebenenfalls weiteren Umständen ergibt, dass es voraussichtlich nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspricht; unter dieser Voraussetzung hat er [der Laborverantwortliche] die zuständige Behörde auch dann u. a. von dem Ergebnis der Analyse und deren Auftraggeber zu unterrichten, wenn das Labor die Analyse im Rahmen einer sogenannten Freigabeuntersuchung durchgeführt hat, d. h. wenn der auftraggebende Lebensmittelunternehmer das Inverkehrbringen des Lebensmittels von einer beanstandungsfreien Analyse abhängig gemacht bzw. dem Labor erklärt hat, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen (amtlicher Leitsatz).

Anhaltspunkte dafür, dass Laborverantwortliche bei einer Freigabeuntersuchung nicht meldepflichtig sein sollen, ergeben sich nach den Ausführungen des erkennenden Senates in den Entscheidungsgründen des Urteils weder aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB noch aus seiner Entstehungsgeschichte. Mit Verweis auf die Gesetzesbegründung führt der 3. Senat aus, dass die Meldepflicht nicht nur bestehen sollte, wenn das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegt, sondern wenn es einem Verkehrsverbot „unterliegen würde“; damit sollte verdeutlicht werden, dass die Adressaten für eine Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit eines Erzeugnisses nicht die Labore sind. Von der Entscheidung des Lebensmittelunternehmers über das Inverkehrbringen des beprobten Lebensmittels sei die Meldepflicht des Laborverantwortlichen nicht abhängig gemacht worden.

Die Gesetzessystematik stütze das Auslegungsergebnis, so das Gericht. Während den Lebensmittelunternehmer eine Meldepflicht nicht bei einem Lebensmittel pflanzlicher Herkunft treffe, das der Lebensmittelunternehmer nachvollziehbar so herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nicht mehr unterliegt (§ 44 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 LFGB), enthält der hier einschlägige § 44 Abs. 4a LFGB eine entsprechende Ausnahme für die Laborverantwortlichen nicht. Eine unbeabsichtigte Regelungslücke sei darin nicht zu erblicken, insbesondere da der Laborverantwortliche die entsprechenden Erklärungen des Lebensmittelunternehmers nicht überprüfen könnte.

§ 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB sei im Übrigen mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar, ferner mit den Grundrechten der Laborbetreiber vereinbar. Schließlich sei der unmittelbar durch Gesetz erfolgende Eingriff gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Der Schutz der Verbraucher vor nicht sicheren Lebensmitteln habe ein hohes Gewicht. Die frühe Information der zuständigen Behörde über einen in einem Labor festgestellten Grund zu der Annahme, dass ein Lebensmittel nicht sicher ist, könne erheblich dazu beitragen, dass die betroffenen Lebensmittelunternehmer ihre gesetzlichen Pflichten beachten und die Behörden etwaige Verstöße gegen das Lebensmittelrecht frühzeitig beenden und erneute Verstöße verhindern. Das gelte auch, wenn es im einzelnen Fall keinen konkreten Anhalt dafür gebe, dass der betroffene Lebensmittelunternehmer das unsichere Lebensmittel verbotswidrig in Verkehr bringen wird. Demgegenüber wiege der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Laborbetreiber nicht besonders schwer. Die Laborverantwortlichen müssten nur die zuständige Behörde und nicht die Öffentlichkeit unterrichten.

Damit wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision der Klägerin, die bereits vor dem Verwaltungsgericht Aachen und dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen unterlegen war, zurück.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist hier abrufbar.

Demila Biscevic, Rechtsanwältin

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