Unlängst sorgte die Veröffentlichung eines Dekrets für Aufregung, mit dem Frankreich die Verwendung bestimmter Bezeichnungen für Fleischerzeugnisse wie zum Beispiel „Steak“ oder „Wurst“ für pflanzliche Fleisch- und Fischersatzprodukte zu verbieten beabsichtigte. Eben dieses Dekret beschäftigte nun sowohl die französische Justiz als auch den Europäischen Gerichtshof.
Hintergrund der Verfahren war die Frage, ob das europäische Recht – hier: die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, auch bekannt als Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) – einem nationalen Verbot der Verwendung von Bezeichnungen, die klassischerweise Fleisch- und Fischerzeugnisse vorbehalten seien, für vegane und vegetarische Fleisch- und Fischersatzprodukten entgegensteht. Das zuständige französische Gericht, das über die Nichtigkeit dieser Regelung im streitgegenständlichen Dekret zu entscheiden hat, ersuchte zwecks Klärung dieser Rechtsfrage den Europäischen Gerichtshof.
Dieser entschied nun mit Urteil vom 4. Oktober 2024 in der Rechtssache C-438/23, dass die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. n) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 definierte Begriffsbestimmung der „rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung“ es den Mitgliedstaaten zwar erlaube, nationale Rechtsbezeichnungen für bestimmte Lebensmittel zu schaffen – vorausgesetzt eine im europäischen Recht vorgeschriebene rechtliche Bezeichnung existiere nicht. Für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sei die Befugnis zur Schaffung rechtlich vorgeschriebener Bezeichnungen jedoch nicht mit der Befugnis gleichzusetzen, die Verwendung bestimmter nicht rechtlich definierter Bezeichnungen für bestimmte Lebensmittel zu verbieten.
Weiter führt der Gerichtshof in seinen Entscheidungsgründen aus, dass die Begriffsbestimmungen der „verkehrsüblichen Bezeichnung“ und der „beschreibenden Bezeichnung“ in Art. 2 Abs. 2 Buchst. o) und p) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gerade nicht den Erlass von nationalen Maßnahmen zwecks Regelung dieser Bezeichnungen durch die Mitgliedstaaten erlaubten. In Bezug auf diese Bezeichnungen sei das Recht harmonisiert.
In Ansehung dessen führte der Gerichtshof für den gegenständlichen Fall sodann aus, dass weder im Unionsrecht noch im französischen Recht rechtlich vorgeschriebene Bezeichnungen für pflanzliche Fleisch- bzw. Fischersatzprodukte existierten. Folglich dürften die Hersteller derartiger Lebensmittel nicht durch ein generell-abstraktes Verbot daran gehindert werden, die Bezeichnungen dieser Lebensmittel durch die Verwendung von verkehrsüblichen Bezeichnungen oder beschreibenden Bezeichnungen anzugeben. Die in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vorhandenen Bestimmungen begründeten vielmehr, so der Gerichtshof ferner, eine widerlegbare Vermutung, dass die in der vorgeschriebenen Weise bereitgestellten Informationen die Verbraucher ausreichend schützten.
Konkret heißt dies: Rechtlich nicht vorgeschriebene Bezeichnungen wie „Steak“ oder „Wurst“ dürfen im Rahmen der Kennzeichnung von veganen und vegetarischen Fleisch- und Fischersatzprodukten gebraucht werden.
Gleichwohl ist es der zuständigen Behörde unbenommen, so der Europäische Gerichtshof klarstellend, im Einzelfall die gewählte Bezeichnung auf eine mögliche Irreführung des Verbrauchers zu prüfen und – sofern eine solche besteht – die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist – zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur in französischer und dänischer Sprache – unter nachfolgendem Link abrufbar:
Redaktion: Demila Biscevic
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