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  • Ist der Begriff „Produktname“ in Anhang VI Teil A Nr. 4 der Verordnung (EU) 1169/2011 gleichbedeutend mit dem Ausdruck „Bezeichnung des Lebensmittels“?

Ist der Begriff „Produktname“ in Anhang VI Teil A Nr. 4 der Verordnung (EU) 1169/2011 gleichbedeutend mit dem Ausdruck „Bezeichnung des Lebensmittels“?

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 1. Dezember 2022 – Rechtssache C-595/21

Der Begriff „Produktname“ in Anhang VI Teil A Nr. 4 LMIV hat nach Auffassung des Gerichtshofs keine eigenständige Bedeutung, die sich von derjenigen des Ausdrucks „Bezeichnung des Lebensmittels“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 unterscheidet. Das hat zur Folge, dass die in Anhang VI Teil A Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vorgesehenen besonderen Kennzeichnungsvorschriften nicht für die „als geistiges Eigentum geschützte Bezeichnung“, „Handelsmarke“ oder „Fantasiebezeichnung“ im Sinne von Art. 17 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gelten.

In letzterem Sinne hatte der Freistaat Bayern in dem beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach anhängigen Ausgangsverfahren des Vorlageverfahrens der vorliegenden Entscheidung des Gerichtshofs (VG Ansbach, Az.: AN 14 K 19.00097) argumentiert. Dieser Argumentation hat der Gerichtshof eine Absage erteilt und unter Rückgriff auf die anderen Sprachfassungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Begriffs des „Produktnamen“ argumentiert, dass „Produktname“ und „Bezeichnung des Lebensmittels“ inhaltlich identisch seien. Selbst wenn man annehme – so der Gerichtshof –, dass die deutsche und die französische Sprachfassung aufgrund der Verwendung weniger ähnlicher Begriffe („Produktname“ und „Bezeichnung des Lebensmittels“) eine Auslegung der beiden in Rede stehenden Ausdrücke dahingehend ermöglichen würde, dass sie nicht dieselbe Bedeutung hätten, werde eine solche Auslegung durch die anderen Sprachfassungen der Mitgliedstaaten nicht bestätigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs könnten die in einer unionsrechtlichen Vorschrift verwendeten Begriffe nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen Sprachfassungen beanspruchen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Oktober 1977, Bouchereau, 30/77, EU:C:1977:172, Rn. 14, und vom 25. Februar 2021, Bartosch Airport Supply Services, C772/19, EU:C:2021:141, Rn. 26).

Des Weiteren sei Anhang VI Teil A der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 mit der Überschrift versehen „Bezeichnung des Lebensmittels und spezielle zusätzliche Angaben“. Es gehe – so der Gerichtshof – damit um die Bezeichnung des Lebensmittels. Zweitens werde in Art. 17 („Bezeichnung des Lebensmittels“) Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 klargestellt, dass „Anhang VI … spezielle Vorschriften für die Bezeichnung eines Lebensmittels und die Angaben [enthalte], die dazu zu machen seien“. Das Wort „dazu“ beziehe sich offensichtlich auf die Bezeichnung des Lebensmittels. Nichts deute darauf hin, dass sich diese Vorschriften auch auf die anderen in Art. 17 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 aufgeführten Begriffe „als geistiges Eigentum geschützte Bezeichnung“, „Handelsmarke“ oder „Fantasiebezeichnung“ beziehen.

Entscheidung abrufbar unter:
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=269408&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

Redaktion: Prof. Gerd Weyland

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